In vielen Fällen von Zahnverlust kann heutzutage mittels Implantation künstlicher Zahnwurzeln die Lücke geschlossen werden. Doch nicht immer bietet der Kieferknochen genügend Substanz für eine Implantatinsertion (Einsetzen eines Implantats). In diesen Fällen kommen unterschiedliche Verfahren zum Knochenaufbau zum Einsatz. Dazu zählen der Sinuslift (chirurgische Technik, um den Kieferknochen aufzubauen), die Transplantation von körpereigenem Knochen oder Knochenersatzmaterial.
Eine weitere moderne Methode ist der Knochenaufbau mittels Knochenchips (Bone Chips). Das Verfahren zur Herstellung wird als Tissue Engineering bezeichnet.
Das Verfahren
Um Knochenchips herzustellen, wird zunächst in einem kleinen Eingriff in Lokalanästhesie (örtlicher Betäubung) ein etwa ein Quadratzentimeter großes Stück Periost (Knochenhau) aus der Molarenregion (Bereich der großen Backenzähne) des Unterkiefers entnommen. Gleichzeitig erfolgt eine Blutentnahme. Es werden etwa 100-300 ml Blut benötigt. Aus dem Blut wird im Labor Serum als Nährmedium für die Knochenzüchtung gewonnen. Beide Ausgangssubstanzen für die Bone Chips sind also körpereigen.
Innerhalb von etwa sechs Wochen sind im Labor genügend knochenbildende Zellen entstanden. Diese werden auf eine Trägersubstanz aufgebracht, die ein stabiles Gerüst für die Zellen bildet und die später vom Körper wieder abgebaut wird. Es handelt sich hierbei um eine resorbierbare Vicryl-Trägermatrix, eine ebenfalls resorbierbare Gel-Komponente aus Fibrin sorgt für die homogene Verteilung der Zellen in der Trägermatrix. Die Knochenchips sind etwa einen Zentimeter groß und zwei Millimeter dick. Jeder Chip enthält etwa eineinhalb Millionen vitale, osteogene (knochenbildende) Zellen.
Die so entstandenen Knochenchips können nun in einem operativen Eingriff an die Stelle des Knochendefektes eingebracht werden. Es kommt dann zur Differenzierung der Bone Chips zu ortständigem, vitalem Knochen.
Nach Ablauf von drei Monaten kann implantiert werden, die Implantate müssen wiederum drei bis sechs Monate einheilen, bevor sie endgültig mit Zahnersatz versorgt und belastet werden können.
Während der Einheilung kann die Lücke provisorisch geschlossen werden, um ästhetische Defizite in der Übergangszeit möglichst gering zu halten.
Ihr Nutzen
Gegenüber der Transplantation von körpereigenem Knochen kann ein aufwändiger Eingriff zur Entnahme von körpereigenem Knochen, beispielsweise am Beckenkamm, vermieden werden. Entnahmedefekte, Schmerzen und Schwellungen werden vermieden. Es entstehen durch die Entnahme von Periost keine sichtbaren Narben.
Da es sich um Gewebe handelt, welches aus körpereigenen Zellen gezüchtet wurde, kommt es zu keinerlei Abstoßungsreaktionen. Das neue vitale, autologe Gewebe wird vom Körper als körpereigen erkannt.
So kann mithilfe von Bone Chips auch in schwierigen Fällen mit großem Knochendefizit erfolgreich Knochen aufgebaut werden, um eine Implantatinsertion zu ermöglichen.
Literatur
- Ewers R, Turhani D, Item CB, Kapral D, Thurnher D, Cvikl B, Weissenböck M, Erovic BM, Lauer G: Bioengineered Knochen-Produktion“ – Aktuelle Anwendungen des Tissue Engineering in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Deutscher Ärzte-Verlag Köln zzi Z Zahnärzt Impl 2003; 19(4)
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Lauer G, Pradel W, Blank H, Schneider M: Die Regeneration von Alveolarfortsatzknochen mittels im Tissue Engineering hergestellten Knochenkonstrukten. 53. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Kieferchirurgie, Bad Homburg 2002, 9 - 11. Mai.